Am 20.06.2021 hatte Bundesposaunenwart Roland Werner seinen letzten offiziellen Einsatz auf der Süddeutschen Jährlichen Konferenz der EmK in Karlsruhe. Dies war Anlass, um ein Interview mit dem langjährigen, engagierten Bundesposaunenwart des bcpd zu führen.
Roland, du bist seit dem 1. Juli im Ruhestand. Du hattest sicher schöne Erfolge und besondere Erlebnisse als Bundesposaunenwart. Was waren deine persönlichen Highlights?
Jeder Einsatz mit Bläser*innen war etwas Besonderes, egal ob es ein Bundesposaunenfest oder die Bläserwoche in Friolzheim war, eine Probe oder Konzert mit der Neckar Brass Band, eine Schulung mit einem normalen Gemeinde-Posaunenchor oder eine Verbandsschulung. Trotz aller Routine sind es immer singuläre Veranstaltungen, die man zwar gut vorbereiten, aber letztendlich doch nicht hundertprozentig durchplanen kann. Nicht zuletzt hängt der „Erfolg“ auch von der Zusammenarbeit mit den Bläser*innen und der Bläser*innen untereinander ab.
Wie wird sich dein Alltag verändern? Über was freust du dich, dass du das nicht mehr machen musst?
Was ich sicher nicht vermissen werde, ist der Termindruck, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Aufgabe zu erledigen, oftmals zwischen „Tür und Angel“ und Kofferpacken. Der obligatorischen Verwaltungsarbeit und dass ich nicht mehr die ganzen Termine unter einen Hut kriegen muss trauere ich auch nicht nach.
Wie geht es mit deinem persönlichen musikalischen Engagement weiter?
Ich leite weiterhin die Neckar Brass Band im bcpd, den EmK-Posaunenchor in Villingen-Schwenningen, unterrichte ein paar Schüler und habe die Leitung einer Blaskapelle im Nachbarort übernommen. Ein überschaubares, aber abwechslungsreiches und herausforderndes Programm.
Du warst 37 Jahre Bundesposaunenwart des bcpd. Was hat Dich als ausgebildeter Orchester- und Berufsmusiker 1984 bewogen, die Nachfolge des damaligen Bundesposaunenwarts Wilhelm Dignus anzutreten?
Seit über 120 Jahren wird in meiner Familie im Posaunenchor geblasen, ich bin nun in der 4. Generation. Nach meinem Studium und einem Jahr in einem Orchester war die Stelle im bcpd frei. Die Arbeit war für mich nicht so ganz neu. Während meiner Schulzeit und während des Studiums war ich bereits Mitarbeiter auf Bläserlehrgängen des bayrischen Posaunenchorverbandes und machte auch schon Schulungen mit Posaunenchören. So habe ich mich beworben und bin nach einem Probedirigat und Bewerbungsgespräch engagiert worden.
Was konntest du von deinen damals gesteckten Visionen und Zielen erreichen?
Ein Ziel war es, die Blastechnik der Bläserinnen und Bläser zu verbessern. Einblasen, Bindeübungen, Atemtechnik waren damals noch weitgehend unbekannt. Da hat sich inzwischen einiges getan.
Musikalisch hat sich die Bandbreite vergrößert. Als ich anfing, gab es in den Bundesgaben des bcpd fast ausschließlich Musik vor 1650 und Musik, die nach 1950 entstanden ist. Nur wenige Bachchoräle oder Musik des Hochbarock, außer in alten Heften, kaum Musik der Klassik und Romantik und schon gar nicht moderne, swingende Musik, Rock oder Pop. Hier hat sich einiges geändert. Auch neues Liedgut („Lobpreislieder“) hat Einzug in unsere Hefte gehalten.
Ein Nachfolger wurde leider nicht bestellt. Wie geht es dir mit diesem Umstand?
Ich finde das sehr schade. Als Bundesposaunenwart hatte ich zu allen Verbänden Kontakt und konnte die Erfahrungen, die ich in den einzelnen Verbänden gemacht habe, in die Arbeit einbringen, z. B. im Musikausschuss. Das fällt nun leider weg.
Du hattest als Bundesposaunenwart eine ganzen „bunten Blumenstrauß“ an Aufgaben zu bewältigen. Wer führt diese Aufgaben weiter, wenn es keinen Nachfolger gibt?
Einzelne Aufgaben und Projekte werden Ehrenamtliche übernehmen. Z. B. Verbands-posaunenwarte oder einzelne engagierte Bläserinnen und Bläser. Manches wird sich erst in der Praxis herauskristallisieren.
Ein Schwerpunkt deiner Arbeit war mit Sicherheit die Organisation und Durchführung der Bundeslehrwoche des bcpd in Friolzheim. Wie geht es mit diesem sicher einmaligen Angebot für die Bläser*innen weiter, wenn du nicht mehr dabei bist?
Die Vorbereitung und die Nacharbeit der Bundeslehrwoche ist sehr zeitintensiv, sowohl von der organisatorischen wie auch der musikalischen Planung. Das kann keiner, der noch in einem „normalen“ Beruf tätig ist, so nebenbei machen. So habe ich einige Leute angesprochen, ob sie sich in einem Mitarbeiterteam für die Bläserwoche engagieren könnten. 2022 möchte ich dann die Bläserwoche gemeinsam mit diesem Team durchführen.
Keiner kennt den bcpd so gut wie Du. Wo siehst du den bcpd in 5 oder 10 Jahren? Die Zahl der Mitglieder ist ja auch im bcpd rückläufig.
Das ist eine schwierige Frage und ein Hellseher bin ich auch nicht. Die allgemeine Entwicklung in unserer Gesellschaft, aber auch die musikalische Entwicklung in unseren Kirchen und Posaunenchören spielt da eine große Rolle. Ich denke, dass die Zahl der Posaunenchöre weiter zurückgehen wird und es weniger, dafür aber gute und leistungswillige Chöre geben wird.
Was sollte deiner Meinung nach der bcpd auf jeden Fall forciert vorantreiben (ändern) und angehen?
Da es keinen Bundesposaunenwart mehr gibt, der alle Verbände besucht, wäre es gut, die Kontakte zwischen den Verbänden und Chören auszubauen. Wenn wir weiter gehört werden wollen, sollte eine Qualifizierung der Chorleiter*innen und Bläser*innen weiter Intensiviert werden. Wichtig wäre auch die Imagepflege unserer Posaunenchöre, nicht nur in der Kirche, sondern auch in der nichtkirchlichen Öffentlichkeit. Ein Posaunenchor ist für mich nach wie vor eine Gruppe, die mit ihrer Musik die Botschaft Jesu Christi auch in der heutigen Zeit weitergeben kann.